Matthias Müllner, der Geschäftsführer von HÖRMANN Warnsysteme, im Interview zur Sirenenwarnung in Deutschland

 

Warum ist die Sirene jetzt wieder in aller Munde?

Matthias Müllner: Durch den Klimawandel gibt es eine neue Bedrohungslage und damit Handlungsbedarf. Wir benötigen einen vernünftigen Warn-Mix, der unterschiedliche Warnkanäle umfasst. Nur so kann die Bevölkerung in allen Lagen rechtzeitig gewarnt werden. Jede Warnung  beginnt  mit dem Weckeffekt der Sirene, anschließend kann der Bürger sich mittels weiterer Informationskanäle über seine regionale Lage informieren. Er bekommt Handlungsempfehlungen, z.B. schließen Sie die Fenster oder verlassen sie das Gebäude und begeben sich in höher gelegene Gegenden.

 

Was hat sich im Vergleich zur Vergangenheit verändert?

Matthias Müllner: Die Risiken sind mehr geworden. Mit den Hochwassern an der Oder 1997 oder der Elbe 2002 konnte man die ersten Veränderungen wahrnehmen. Jetzt mit den diesjährigen Starkregenereignissen im Ahrtal wird erneut deutlich, wir sind mitten in der Klimaveränderung und müssen zunehmend mit größeren Naturkatastrophen rechnen. Hierfür müssen wir vorbereitet sein.

 

Hat man zu spät reagiert?

Matthias Müllner: Nein, das sehe ich nicht so. Die Gefahrensituation hat sich durch den Klimawandel verändert. Und darauf wird jetzt reagiert. Die Neuausrichtung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist die Antwort auf die veränderte Katastrophenlage. Das Bundesamt hat übrigens schon vor der Flutkatastrophe 88 Millionen Euro an Fördergelder für den Ausbau des Sirenennetzes angekündigt.

 

Der Bund ist nur für den Bevölkerungsschutz im Verteidigungsfall zuständig. Die Warnung der Bürger bei Katastrophen wie auch dem Hochwasser fällt in die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden. Sollte der Bund mehr Verantwortung übernehmen?

Matthias Müllner: Der Bund übernimmt Verantwortung, indem er die Infrastruktur bereitstellt. Cell Broadcasting wie die SMS-Push-Nachrichten oder die Warn-Apps werden vom Bund bereitgestellt. Auch das BOS-Digitalfunknetz wurde bundesweit aufgebaut und soll künftig als sicherer Kommunikationskanal die diversen Funknetze der Länder ergänzen.

 

Macht es nicht Sinn, dann auch die Verantwortung für das Sirenennetz dem Bund zu übertragen?

Matthias Müllner: Wir können uns jetzt diese Diskussion nicht erlauben. Die Uhr tickt und die nächste Katastrophe wird kommen. Jetzt eine Grundgesetzänderung voranzutreiben kostet zu viel Zeit. Es ist anzunehmen, dass die Einführung eines umfassenden Warnsystems damit verzögert würde. Das kann nicht im Interesse der Bevölkerung sein. Deshalb ist der Ansatz des Bundes richtig, ohne Änderung des Grundgesetzes Geld zu geben und jetzt zu handeln.